«Dein Wille geschehe» (Unser Vater, Teil 4)

Shownotes

«Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden» – ein schwieriger Satz im «Unser Vater»-Gebet. Man gibt damit ein Stück Kontrolle ab. Aber was bedeutet es genau, so zu beten? 🙏 Und ist Gottes Wille immer gut für uns?

Im Video erkläre ich, warum diese Zeile in der einen Variante des Gebets fehlt und was alles drin steckt. Es geht um Demut, Vertrauen und die Frage, ob Gottes Wille tatsächlich besser ist als mein eigener…? 🤔

Im Artikel auf reflab.ch findest du den Inhalt des Videos ausführlicher zum Nachlesen. Und im RefLab-Youtube-Kanal ein kurzes Video dazu.

*Korrektur: Am Ende spreche ich vom «Apostel Matthäus». Gemeint ist natürlich der Evangelist Matthäus.

Transkript anzeigen

00:00:00: Hallo und herzlich willkommen zurück am Lagerfeuer. Wir sind mitten in der Serie zum Unser Vatergebet.

00:00:05: "Dein Wille geschieht wie im Himmel so auf Erden", das ist die heutige Zeile.

00:00:10: Ein Gebet mit Wild Zündstoff.

00:00:12: Und spannend daran ist, es fehlt in der einen Version des Unser Vatergebet.

00:00:17: Ich habe ja in der ersten Podcastfolge erklärt, warum es zwei unterschiedliche Versionen davon gibt in der Bibel.

00:00:23: Eine kürzere im Lukas Evangelium und eine längere im Matthäus Evangelium.

00:00:28: Und bei der Kürzerin ist das eben eine der Zeilen, die nicht da ist.

00:00:33: Und man könnte meinen, dass sie irgendwie rausgestrichen wurde, weil es sie so herausfordernd ist zum Beten.

00:00:39: Wie es tatsächlich ist und auch noch einige andere theologische Gedanken zu dieser Zeile des Unser Vaters.

00:00:45: Es gibt es in dieser Podcastfolge schön, dass du dabei bist.

00:00:48: Unser frei im Himmel. Das Lagerfeuer für Nomadenchrist*innen.

00:00:56: *Musik*

00:01:00: RefLab.

00:01:02: "Dein Wille geschieht", das ist tatsächlich ein Satz, der herausfordert.

00:01:10: Mich fordert der heraus, ich bin eher ein Mensch, der gerne alles unter Kontrolle hat,

00:01:15: der sich gut vorbereitet auf Dinge, mit dem Leben sorgfältig umgeht, gute Entscheidungen treffen will.

00:01:22: Und dann einfach so in einem Satz die Kontrolle abzugeben, "Dein Wille geschieht", das impliziert das nicht,

00:01:28: "Mein Wille geschieht", es ist eine Übung in Demut, das fordert mich heraus.

00:01:33: Ich möchte ja, dass es so läuft auf der Welt wie ich will.

00:01:36: Ich denke, wenn ich die Welt so prägen könnte, wenn ich Entscheidungen treffen könnte, wie es gut ist für mich,

00:01:44: aber auch für meine Mitmenschen, für die Natur, für die Kinder, die jetzt aufwachsen, dann wäre die Welt auch eine bessere.

00:01:52: Aber wenn ich ehrlich bin, auch wenn ich beten würde, "Mein Wille geschieht",

00:01:57: ich weiß ja, dass es nicht so ist. Ich weiß ja, dass ich letztendlich vieles nicht unter Kontrolle habe.

00:02:04: Ich fühle, dass ich ein Mensch bin mit einem freien Willen und das gilt ganz bestimmt auch für einige Lebensbereiche,

00:02:11: aber es gibt immer auch Dinge in meinem Leben, die unverfügbar sind.

00:02:16: Und wenn ich das anerkenne, wenn ich anerkenne, dass ich nicht alles kontrollieren kann, dass ich letztendlich auch angewiesen bin,

00:02:24: auf andere Menschen, auf größere Zusammenhänge, auch auf Gott, dann kann ich vielleicht besser loslassen.

00:02:31: Dann kann ich mich reingeben in den Flow dieser Kraft des Lebens, dieser Kraft, die alles erschaffen hat,

00:02:38: dann kann ich mich reingeben ins Vertrauen.

00:02:41: Ja, aber das ist ja der Knackpunkt, dass ich dann Angst habe, dass mein Vertrauen enttäuscht wird.

00:02:47: Dieser Satz ist mit Angst verbunden, dein Wille geschieht und zwar nicht nur bei mir.

00:02:53: Jesus selber hat diesen Satz gebetet in einer ganz schwierigen Situation, also er kurz vor seinem Tod war.

00:02:59: Er wurde verfolgt, gejagt, verraten und hat in dieser Situation mit Gott gesprochen, mit seinem Vater im Himmel.

00:03:07: Und er hat gesagt, dass er gerne nicht verhaftet werden würde, weil er weiß, dann wird er umgebracht.

00:03:13: Und so kam es ja danach auch.

00:03:15: Aber dann hängte er an sein Gebet, den Satz an "nicht mein Wille geschieht, sondern dein Wille geschieht".

00:03:22: Er hat gewusst, dass sich das, was er sich wünscht, unterscheidet von dem, was Gott in dieser Situation mit ihm vorhatte.

00:03:30: Das ist die Spannung und das wirft auch einige theologische Fragen auf.

00:03:34: Hat Gott tatsächlich seinen Sohn geopfert, hat er diesen Tod über ihn kommen lassen oder hat er ihn einfach nicht verhindert?

00:03:42: Und die Menschen haben Jesus umgebracht und Gott hat dann das Beste daraus gemacht.

00:03:47: Das ist eine theologische Frage, ein theologisches Fass, dass ich an dieser Stelle jetzt nicht öffne.

00:03:53: Jetzt einfach eine kurze Antwort darauf.

00:03:55: Ich glaube, ich bin nicht Jesus.

00:03:57: Niemand von uns muss die Welt retten und deswegen glaube ich auch, das war eine Ausnahmesituation.

00:04:03: Und das mit Kreuz und Auferstehung und wie das genau gelaufen ist und was da die kosmischen Auswirkungen davon sind,

00:04:11: das ist etwas, was ich nach wie vor sehr schwierig zum verstehen finde.

00:04:15: Zurück zu diesem Satz "Der einwillige Schähe".

00:04:18: Wenn man diesen Satz betet und sich eben vertrauensvoll in die Hand Gottes gibt,

00:04:23: dann braucht es tatsächlich den Glauben, dass Gottes Beste für mich will.

00:04:28: Ich denke, ohne das geht es nicht, diesen Satz zu beten.

00:04:31: Persönlich halte ich daran fest, dass Gott uns Menschen und überhaupt Gottes Geschöpfe liebt

00:04:36: und zwar jedes Einzelne davon, dass Gott für uns das Beste will

00:04:40: und nicht möchte, dass wir Leiden oder Schmerz erfahren.

00:04:44: Am Anfang dieser Serie zum "Unser Vater" haben wir angeschaut, warum man Gott Vater nennen kann.

00:04:49: Das ist nämlich ein spannender Punkt, der mir bei der Recherche begegnet ist.

00:04:53: Auch in der griechischen Antike gab es dieses Thema, dass man den Willen der Götter tun soll.

00:04:58: Die Stoiker hatten das so als zentralen Punkt.

00:05:01: Der Willige wird vom Schicksal geführt, der Unwillige wird gezogen.

00:05:05: Also man soll sich in den Schicksal hineingeben und das stark und stolz tragen.

00:05:11: Das hat so den Touch aber vom Schicksal, das uns übergeht, das uns überrollt.

00:05:16: Man kann gar nichts tun.

00:05:17: Es ist zwar eine unpersönliche Macht, die einen mitreitet.

00:05:20: heißt ins Leben. Hier ist aber Gott Vater oder Mutter, es ist eine Vertrauensbitte.

00:05:25: Das heißt für mich aber auch, dass Gott keine schmerzhaften Dinge absichtlich geschehen

00:05:30: lässt. Also ich glaube zum Beispiel nicht, dass Gott schwierige Situationen wie Krankheiten

00:05:36: oder Todesfälle im Umfeld schickt, um uns irgendwie zu prüfen oder zu strafen oder dass

00:05:42: Gott uns vor Herausforderungen stellt, die schlimme Wunden und Namen hinterlassen. Ja,

00:05:48: was uns im Leben zustößt, das verändert mich und manchmal kann ich daraus etwas mitnehmen,

00:05:53: was mich zum positiven prägt. Manchmal kann ich im Nachhinein sagen, ja, dank dieser Situation

00:05:58: bin ich die Person, die ich jetzt bin und deshalb will ich sie nicht missen, aber ich glaube,

00:06:03: das ist ein fundamentaler Unterschied, ob man in eine Situation hineingeworfen ist und da aus

00:06:10: verschiedenen Gründen das Beste rausnehmen kann und nicht daran zugrunde geht oder ob Gott solche

00:06:16: Situationen absichtlich schickt, weil das sich verletzt werde, dass ich krank werde, leide. Ich

00:06:23: glaube, das ist nicht der Wille Gottes. Aber das ist eben auch wieder diese Spannung. Wir sehen,

00:06:29: dass sich der Wille Gottes nicht immer durchsetzt. Die Frage nach der Macht Gottes hängt damit zusammen.

00:06:34: Allmacht Gottes. Dazu habe ich auch schon ein Video und eine Podcastfolge aufgenommen und auch die

00:06:40: Frage nach dem freien Willen des Menschen. Dazu, was Gott will, was dem Willen Gottes entspricht,

00:06:50: dazu steht aber zum Glück einiges in der Bibel und daran kann man sich, glaube ich,

00:06:54: festhalten. Zum Beispiel, beim Propheten Micha steht, es sei dir gesagt Mensch, was Gott von dir will,

00:07:01: nichts anderes als Recht zu üben, Güte zu lieben und in Einsicht mit deinem Gott zu gehen. Also,

00:07:08: das Richtige zu tun, gerecht zu sein, auf der Welt gültig zu sein und mit Gott unterwegs zu sein,

00:07:15: das ist das, was Gott für mich will. Oder ein anderes Beispiel ist die Geschichte vom

00:07:20: Verlorenen Schaf, wo der gute Hirte 99 Schaf einfach stehen lässt, um das Verlorene Schaf

00:07:27: zu suchen. Gott will nicht, dass auch nur eine Person verloren geht. Jeder Mensch ist Gott viel

00:07:33: wert und darf auch nicht abgehängt werden von der Gesellschaft. Gott geht jedem einzelnen Menschen

00:07:39: liebevoll nach. Es gibt noch viele andere Bibelstellen, die man jetzt an dieser Stelle erwähnen

00:07:47: könnte, wo steht, was Gott will für die Welt und für die einzelnen Menschen, dass Gott Gedanken des

00:07:53: Friedens über uns hat und nicht des Leids zum Beispiel oder dass Gott Liebe ist und jeden

00:07:58: einzelnen Menschen liebt. In dieser Perspektive, in dieses Mindset und dieser Weltsicht betet man sich

00:08:05: hinein, wenn man betet, dein willige Schähe. Zusammen mit anderen in der christlichen Gemeinde,

00:08:10: zum Beispiel in Gottesdiensten, wo dieses unser Vatergebet gesprochen wird, sagt man gemeinsam,

00:08:16: dein willige Schähe, nicht nur ich bete mich darin, sondern ich bin nicht alleine, sondern

00:08:20: gemeinsam kommt man in diese Perspektive. Das ist das große Ganze, wo man sich mit diesem Gebet

00:08:26: reingibt, dieser Flow Gottes der Bogen, der größer ist als mein Leben und mein Alltag und gleichzeitig

00:08:34: diesen Alltag auf, dieser Alltag darin aufgehoben ist. Und jetzt noch zur Antwort auf die Frage,

00:08:44: warum die Zeile, dein willige Schähe, wie im Himmel so auf Erden in der einen Variante des

00:08:49: Gebetes, nämlich im Lukas Evangelium fehlt. Die Zeile wurde nicht herausgestrichen, sondern

00:08:54: man geht davon aus, dass das Lukas Gebet, das Kürzere, das Originalere ist und dass sich dann aber sehr,

00:09:02: sehr früh in der Gemeinde, die sich rund um den Apostel Matthäus entwickelt hat, das Gebet

00:09:07: ergänzt wurde. Und da hat die Zeile, dein willige Schähe, eigentlich noch betont, was in der Zeile

00:09:14: vorher dein Reich komme, nämlich gemeint war. Wenn du das nicht gehört hast, dann kannst du meine

00:09:20: Gedanken dazu in der letzten Podcastfolge nochmals nachhören. Mich interessiert, welche Perspektive

00:09:25: dass du auf diesen Satz hast, dein willige Schähe. Schreib mir sehr gerne einen Kommentar zu dieser

00:09:30: Podcastfolge, schreib mir eine E-Mail an contact@reflab.ch oder direkt auf Instagram meine

00:09:36: Nachricht dort und auf YouTube findest du den Inhalt dieses Podcasts auch als kurzes Video,

00:09:42: dass du auch verschicken und teilen oder zeigen jemand anderem zeigen kannst. Normalerweise

00:09:48: käme jetzt hier auch noch eine Meditation von meiner Kollegin Jana Horstmann. Krankheitshalber

00:09:53: fällt diese Leiter dieser Woche aus. Du kannst bei den anderen Podcastfolgen zum

00:09:58: Unser Vater gebet ihre Meditation nachhören und hier tragen wir sie dann zum späteren

00:10:03: Zeitpunkt auch noch nach und laden das Audio neu hoch vervollständigt mit der Kursmeditation von

00:10:09: Jana. Ich freue mich, wenn du wieder dabei bist auch in zwei Wochen bei der nächsten Bitte,

00:10:13: dann geht es dann um unser täglich Brot auch wieder eine Bitte, in der ganz ganz viel drin steckt und

00:10:19: ich freue mich sie zusammen mit dir theologisch ein bisschen genauer anzuschauen. Bis dann freue

00:10:25: ich mich auch von dir zu hören, hebeds guet, tschüss zäme.

00:10:28: [Musik]

00:10:30: [Musik]

00:10:34: [Musik]

00:10:36: [Musik]

00:10:38:

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