Gott in der Natur begegnen?

Shownotes

In meinem Video/Podcast «Welcher spirituelle Typ bist du?» habe ich erwähnt, dass sich manche Menschen Gott in der Natur nahe fühlen und Gott dort erleben. Darauf, wie ich mir das vorstelle und selber erlebe, gehe ich in dieser Folge nochmals näher ein.

Spannend: Das hebräische Wort «Midbar» für «Wildnis» (häufig auch übersetzt mit «Wüste») ist auch die Bezeichnung für «Mund», beides ist abgeleitet vom Verb für «sprechen».

Ich spreche von «Natur» hier übrigens sehr pauschal. Die Trennung Mensch/Natur ist eine total künstliche – wir Menschen gehören zur Schöpfung, sind biologische Wesen, die sterben und vergehen, und die zutiefst verbunden sind mit anderen Lebenwesen. (In der sehr empfehlenswerten Ausstellung «Natur und wir» im Stapferhaus Lenzburg lernte ich kürzlich, dass rund 2 kg meines Körpers aus Mikroben bestehen, etwa im Darm und auf der Haut.)

Empfehlenswert ist auch das Buch «Church of the Wild» von Victoria Loorz. (Im Podcast sage ich den Titel leider falsch.)

An der Schnittstelle zwischen Natur und Spiritualität bewegt sich häufig der RefLab-Podcast «Holy Embodied» – hör auch dort gerne mal rein.

Hast du Gott schon mal in der Natur erlebt? Schreib gerne einen Kommentar auf reflab.ch oder direkt auf Instagram.

Transkript anzeigen

00:00:00: "Zu mir hat noch nie ein Baum gesprochen!"

00:00:02: "Hast du denn schon einmal einem Baum zugehört?"

00:00:05: Zu meinem Video über "spirituelle Typen" habe ich einige Anfragen gekriegt,

00:00:09: wie ich das denn genau meine mit:

00:00:11: Gott in der Natur begegnen.

00:00:13: Offenbar ist das ein kontroverses Thema,

00:00:15: deswegen nehme ich den Faden heute nochmals auf.

00:00:18: Ja - wie meine ich das, "Gott in der Natur begegnen"?

00:00:21: Ich werfe mal einen Blick in die Bibel.

00:00:22: Dort gibt es diverse Beispiele dafür.

00:00:24: Wie Menschen auf Berge stiegen, um Gott nahe zu sein.

00:00:27: Das kommt immer und immer wieder vor –

00:00:29: das kann kein Zufall sein.

00:00:31: Oder: Das Volk Israel wurde in die Wüste geführt

00:00:35: (oder, passender übersetzt, in die Wildnis),

00:00:37: sie haben dort Gott neu kennengelernt,

00:00:39: neu gelernt, Gott zu vertrauen,

00:00:40: sie haben die 10 Gebote erhalten

00:00:42: und wurden vielleicht in der Natur auch geheilt

00:00:45: von den Traumata der Sklaverei (Interpretation Victoria Loorz).

00:00:47: Gott sprach durch Wolken,

00:00:49: durch leises Säuseln des Windes,

00:00:52: durch Feuer und einen brennenden Busch,

00:00:54: sogar durch einen Esel,

00:00:57: und Gott liess durch Raben jemanden mit Nahrung versorgen.

00:00:58: Auch Jesus sprach immer wieder über Natur,

00:01:02: zum Beispiel das Gleichnis mit den Samenkörnern und dem unterschiedlichen Boden,

00:01:07: oder das über Vögel und Blumen, die sich im Gegensatz zu uns Menschen

00:01:11: keine Sorgen darüber machen, was sie anziehen sollen.

00:01:14: So viele Beispiele –

00:01:16: und ich bin noch nicht mal in der Kirchengeschichte angekommen,

00:01:18: bei Mystiker*innen oder Franz von Assisi,

00:01:21: der zu den Vögeln predigte.

00:01:22: Es scheint mir also nicht unbedingt etwas Neues,

00:01:25: Revolutionäres oder Ketzerisches,

00:01:27: wenn Menschen Gott in der Natur begegnen möchten.

00:01:30: Im Gegenteil: Ich glaube, das war schon immer ein Teil des Christentums,

00:01:35: wurde aber im institutionellen Christentum etwas verschüttet,

00:01:39: teilweise womöglich sogar absichtlich zugeschüttet:

00:01:42: Es gibt viele kritische Diskussionen über die sogenannte "natürliche Theologie",

00:01:47: also dazu, wie man Gott auf die Spur kommen kann,

00:01:49: indem man die Welt betrachtet und darüber nachdenkt.

00:01:53: Im Gegensatz zur sogenannten "offenbarten Theologie",

00:01:56: worunter man z. B. die Bibel oder Jesus Christus versteht.

00:01:58: Diese Diskussion kann ich hier nur streifen.

00:02:01: Ich glaube jedoch nicht,

00:02:03: dass Gott deckungsgleich ist mit der Natur.

00:02:05: Ich glaube, es gibt einen Unterschied zwischen Schöpfung und Schöpfergott,

00:02:09: zwischen dem, was lebt, und dem, der Leben gibt.

00:02:12: Aber diese Lebenskraft, das, woraus alles in der Welt erschaffen wurde,

00:02:16: nicht nur in mir als Menschen ist,

00:02:18: sondern auch in vielen anderen Geschöpfen.

00:02:20: Ich glaube, dass wenn ich mich in der Natur aufhalte,

00:02:23: komme ich nicht nur einem realen und wichtigen Teil meiner selbst näher,

00:02:27: sondern eben auch dem, wie die Welt gemeint ist,

00:02:30: und dem, der die Welt gemacht hat.

00:02:32: Und das gelingt besser im Wald,

00:02:35: als wenn ich die Zimmerpflanze auf meinem Bürotisch betrachte.

00:02:38: Vermutlich ist das eher eine "spirituelle Erfahrung"

00:02:41: als eine "Gottesbegegnung" im engsten Sinn des Wortes.

00:02:45: Vielleicht ist es eher ein Spüren der Wirklichkeit Gottes,

00:02:49: ein Wiedererkennen dessen, wie ich Gott kenne,

00:02:52: Gottes "Handschrift" und "Stimme".

00:02:56: Gott kann ja durch alles mögliche mit uns Menschen kommunizieren.

00:02:59: Das kann die überwältigende Schönheit der Natur sein,

00:03:02: eine Situation in der Natur,

00:03:05: die wie ein Bild für etwas in meinem Leben ist,

00:03:09: vielleicht sehe ich aber in der Natur auch Tod, Sterblichkeit,

00:03:13: und wie aus allem, was stirbt, wieder etwas Neues zum Leben kommt.

00:03:18: Diese Erfahrungen sind nicht explizit christlich.

00:03:22: Es hoppelt kein Hase daher und erzählt mir was von Jesus.

00:03:26: Die Erfahrungen sind immer geprägt davon, was ich schon gehört habe,

00:03:29: wie ich Gott schon erlebt habe oder was mir andere von Gott erzählt haben.

00:03:32: Würde ich etwa in einer Kultur leben, die mehrere Gottheiten kennt,

00:03:36: die gegeneinander kämpfen oder unterschiedliche "Einsatzbereiche" haben,

00:03:41: dann würde ich auch das in der Natur wiedererkennen.

00:03:43: Und doch glaube ich, denkt man Gott zu klein,

00:03:46: wenn man denkt, Gott nur in der Bibel, in der Kirche,

00:03:49: im frommen Gebet vor einer Kerze findet.

00:03:51: Augustinus schrieb vom "Buch der Natur",

00:03:54: das uns zusätzlich zum "Buch der Offenbarung", also der Bibel, gegeben ist.

00:03:58: Und Paulus schreibt im Römerbrief in der Bibel,

00:04:01: niemand habe eine Entschuldigung dafür, nicht auf Gott aufmerksam geworden zu sein,

00:04:05: denn die Kraft Gottes habe sich von Anfang an in der Schöpfung gezeigt.

00:04:09: Ich habe gesagt, "Wildnis" sei eine genauere Übersetzung dessen,

00:04:13: was im Alten Testament generell mit "Wüste" übersetzt wird.

00:04:17: Das hebräische Wort "Midbar" (Wildnis) ist verwandt mit "dawer", "sprechen".

00:04:22: Gott spricht in der Wildnis, in der Natur.

00:04:25: Es interessiert mich, was du darüber denkst.

00:04:28: Ich freue mich über Kommentare.

00:04:30: Wenn dich die Schnittstelle von Spiritualität und Natur interessiert,

00:04:35: hör mal in den RefLab-Podcast "Holy Embodied" rein.

00:04:39: Wir sehen uns!

Kommentare (1)

Frank Hardy

Viele kluge und schöne Gedanken! Der mystische Gedanke vom Pan-en-theismus (im Gegensatz zum Pantheismus) hätte noch gut rei gepasst.. Bitte langsamer und weniger unaufgeregt sprechen. Mit dem (schweizer?) Akzent sonst nicht immer leicht zu folgen, und wenn man's im Auto hört, noch schwieriger :-)

Neuer Kommentar

Dein Name oder Pseudonym (wird öffentlich angezeigt)
Mindestens 10 Zeichen
Durch das Abschicken des Formulars stimmst du zu, dass der Wert unter "Name oder Pseudonym" gespeichert wird und öffentlich angezeigt werden kann. Wir speichern keine IP-Adressen oder andere personenbezogene Daten. Die Nutzung deines echten Namens ist freiwillig.